Interview mit Nicole Gerhardt – Personalvorständin bei Telefónica Deutschland, über ein zukunftsorientiertes HR und den regelmäßigen Austausch mit den Mitarbeitenden
Veränderung verantwortungsvoll zu gestalten, Mitarbeitenden-Engagement und ein zukunftsorientiertes HR sind relevante Themen für Telefónica Deutschland. Das Unternehmen ist eines der führenden Telekommunikationsanbieter in Deutschland. Vorstandsmitglied Nicole Gerhardt erklärt im Interview mit Kiwimo die Relevanz von Kommunikation und eines regelmäßigen Austauschs sowie die Chancen, die ein verantwortungsvoller Umgang mit Transformation für die rund 8.200 Mitarbeitenden bietet.
Über Nicole Gerhardt
Nicole Gerhardt ist Personalvorständin bei der Telefónica Deutschland, einem der führenden integrierten Telekommunikationsanbieter in Deutschland. Das Unternehmen ist börsennotiert, hat rund 8.200 Mitarbeitende und gehört zur spanischen Telefónica S. A. In ihrer Rolle als CHRO stehen für sie die nachhaltige Ausrichtung auf die digitale Zukunft und die notwendige Transformation des Unternehmens im Fokus. Ihr ist es dabei wichtig, diese Transformation verantwortlich zu gestalten. Das heißt beispielsweise Arbeitnehmer- und Unternehmensinteressen auszubalancieren, sowie Möglichkeiten zu stetiger Weiterentwicklung zu geben. Vor ihrem Wechsel zu Telefónica Deutschland war sie in ähnlichen Funktionen bei Pro7/Sat1 und Vodafone tätig, hat einige Zeit im Silicon Valley verbracht und unter anderem als Head of HR and Legal ein Startup mit aufgebaut.
Kiwimo: Warum glauben Sie, dass eine Aufbruchsstimmung in Unternehmen in diesen Zeiten besonders wichtig ist?
Nicole Gerhardt: Aus meiner Sicht braucht es zunächst einmal den Mut, sich weitreichenden Veränderungen zu stellen: Ein großer Teil der Jobs wird sich in Zukunft durch die Digitalisierung verändern. Stillstand und Abwarten ist hier keine Option. Es geht darum, langfristige Beschäftigungsfähigkeit sicherzustellen – dies wird nur möglich über lebenslanges Lernen, Weiterentwicklung, Mobilität sowie Freude daran, sich neue Fähigkeiten anzueignen.
„Die grundsätzliche Stimmung – der Spirit oder das Mindset, wenn man so will – spielt eine sehr große Rolle. Es geht darum, ein gemeinsames Ziel zu haben und sich auf dem Weg dahin als Team zu verstehen.“
Nicole Gerhardt – Personalvorstand der Telefónica Deutschland im Kiwimo Interview
Und zwar über jede Lebensphase, Karrierestufe und Generation hinweg. Denn neben der Digitalisierung wirkt sich die Demografie auf den Arbeitsmarkt aus: Babyboomer gehen in Rente, wir sind gleichzeitig mit einer enormen Generationenvielfalt in den Unternehmen konfrontiert. Bei Telefónica arbeiten beispielsweise vier Generationen Seite an Seite. Diese Vielfalt gilt es, aktiv zu managen und zu nutzen, statt zu verwalten. Gleichzeitig bin ich der festen Überzeugung, dass in diesen Umbrüchen nicht nur Herausforderungen stecken, sondern auch enorme Chance. Wir befinden uns an der Schwelle zu einer neuen Arbeitswelt und haben die Gelegenheit, zu experimentieren, alte Regeln und Glaubenssätze zu überdenken und neue Rahmenbedingungen aufzustellen. Wenn wir in diesem Umfeld keine Aufbruchstimmung fühlen, wann dann?
Kiwimo: Der HR-Bereich ist derzeit von vielen Neuerungen geprägt. Wie stellen Sie bei der Telefonica sicher, dass Mitarbeitende die Veränderungen auch mittragen?
Nicole Gerhardt: Ein wesentlicher Schlüssel ist Kommunikation. Dabei geht es neben klaren Botschaften und Kontextvermittlung auch um passende Formate – und hier sind oft pragmatische Ansätze die besten. Wir haben beispielsweise mit regelmäßigen Führungskräfte-Calls sehr gute Erfahrungen gemacht, in denen – auch cross-funktional über reine HR-Themen hinaus – Führungskräfte informiert und vor allem zum Dialog aufgefordert werden. Denn ein wesentlicher Kanal in Richtung der Belegschaft sind unsere Führungskräfte.
Darüber hinaus haben wir von Anfang an in der Krise eine Chance gesehen und diese zum Anlass genommen, neue Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit in der gesamten Organisation zu schaffen – und diese auch direkt umzusetzen, ohne jedes Detail final auszuarbeiten.
„Es geht bei Veränderungen immer auch darum, etwas auszuprobieren, zu lernen, nachzuschärfen und dann den nächsten Schritt zu gehen. Diesen Prozess kann HR aber nur steuern, wenn wir in den offenen Austausch gehen – übrigens nicht nur mit Mitarbeitenden, sondern auch mit anderen Unternehmensbereichen oder sogar über die Unternehmensgrenzen hinweg.“
Nicole Gerhardt – Personalvorstand der Telefónica Deutschland
So haben wir mit unseren sogenannten „5 Bold Moves“ früh definiert, wie unsere neue Arbeitswelt aussehen soll: „Working anytime“, „working anywhere“ und „digital by default“, „Outcome based Leadership“ und „70% less travel“ sind die Grundsätze unserer Zusammenarbeit. Mit der dadurch gewonnenen Flexibilität experimentieren die Teams nun schon seit über einem Jahr – obwohl die Formalisierung der neuen Regelungen im Unternehmen aktuell noch läuft. Die 5 Bold Moves sind dadurch ein fester Bestandteil unserer Identität geworden und haben das Mindset geprägt, mit mutigen Schritten voranzugehen und Veränderungen als Chance wahrzunehmen. Fakt ist aber auch: Transformation und Veränderung sind keine Selbstläufer. Jeden Einzelnen in der Organisation zu jedem Zeitpunkt zu 100% zufriedenzustellen, wird in Zeiten von echter Unternehmenstransformation nicht gelingen. Ziel muss aber stets sein, ein Verständnis für das große Ganze zu schaffen – und eine positive Grundeinstellung zur Veränderung zu schaffen.
Kiwimo: Welche Rolle spielt dabei die Stimmung bzw. das Klima in Unternehmen?
Nicole Gerhardt: Bei allen kleinen Ups und Downs, die es in Zeiten von Transformation immer geben wird, spielt die grundsätzliche Stimmung – der Sprit oder das Mindset, wenn man so will – eine sehr große Rolle. Es geht darum, ein gemeinsames Ziel zu haben und sich auf dem Weg dahin als Team zu verstehen. Darüber hinaus sind grundsätzliche „Charaktereigenschaften“ eines Unternehmens enorm wichtig, um Veränderung und Entwicklung überhaupt erst zuzulassen. Mut zu Innovation braucht beispielsweise eine gute Fehlerkultur: Wenn dem Klima im Unternehmen Toleranz und eine gewisse Leichtigkeit fehlen und stattdessen Fehler moniert werden, wird sich jeder lieber auf ausgetretenen Pfaden bewegen, anstatt Neues zu wagen.
Kiwimo: Warum ist offener und partizipativer Austausch zwischen der HR und den Mitarbeitenden wichtig?
Nicole Gerhardt: Weil wir nur gemeinsam etwas bewegen können, wenn wir uns austauschen. Und nur was sich bewegt, kann sich verändern. Es geht bei Veränderungen immer auch darum, etwas auszuprobieren, zu lernen, nachzuschärfen und dann den nächsten Schritt zu gehen. Diesen Prozess kann HR aber nur steuern, wenn wir in den offenen Austausch gehen – übrigens nicht nur mit Mitarbeitenden, sondern auch mit anderen Unternehmensbereichen oder sogar über die Unternehmensgrenzen hinweg. Nur so kann HR auch seine eigene Rolle weiterentwickeln und von der Support Function zum Transformationstreiber werden.
Kiwimo: Was raten Sie UnternehmerInnen, die Sorge vor transparentem Feedback und einem offenen Austausch mit den Mitarbeitenden haben?
Nicole Gerhardt: Ich bin der festen Überzeugung, dass gemeinsam wachsen und besser werden, nur mit offenem Austausch gelingt. Feedback ist aber auch eine Frage des Timings: am besten regelmäßig und vor allem früh, wenn noch Zeit zum Nachschärfen bleibt.